Anschlussfinanzierung: Haus und Wohnung richtig umschulden
Zeit für Neuverhandlungen
Eine Anschlussfinanzierung ist ein Immobilienkredit, mit dem Sie die Restschuld nach Ablauf der Zinsbindung finanzieren. Die Restschuld ist also der Teil Ihrer ersten Baufinanzierung, den Sie noch nicht bezahlt haben. Eine Anschlussfinanzierung ist bei einer Immobilienfinanzierung nichts Ungewöhnliches, sondern stellt eher die Regel dar: Etwa 90 Prozent aller Immobilienkäufer benötigen nach 5 bis 20 Jahren eine Umfinanzierung für ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie Ihren Hauskredit umschulden oder die Restschuld Ihrer Eigentumswohnung finanzieren können. Entscheidend ist, dass Sie sich frühzeitig um einen Anschlusskredit kümmern. Ihre bisherige Bank schickt Ihnen zwar drei Monate vor Ablauf Ihrer Zinsbindung ein neues Angebot für eine Verlängerung des bisherigen Immobilienkredits (Prolongation). Doch wenn Sie dann erst anfangen bei anderen Banken die Konditionen für ein Anschlussdarlehen anzufragen, ist die Zeit meist zu knapp.
Anschlusskredit: 10 Tipps für Sondertilgung, Zinsbindung, Eigenkapital
1. Zeit ist Geld
Für Ihre Immobilienfinanzierung bedeutet das: je früher Sie verschiedene Angebote für die Anschlussfinanzierung Ihres Hauses oder Wohnung einholen und vergleichen, desto besser wird Ihre Verhandlungsposition sein. Marco Bruse, Inhaber von Marco Bruse Baufinanzierung in Karlsruhe und seit 25 Jahren im Geschäft, rät dazu sich bereits drei bis fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindung mit der Anschlussfinanzierung zu beschäftigen.
2. Eigenkapital vor der Anschlussfinanzierung ansparen
Je mehr Eigenkapital Sie während der Laufzeit Ihrer ersten Immobilienfinanzierung für Ihren Anschlusskredit ansparen, desto
- geringer wird die Restschuld Ihres Anschlusskredits
- größer wird die Auswahl an möglichen Kreditgebern
- günstiger fallen bei der Anschlussfinanzierung die Zinsen aus
Bruse: „Häufig genügen beim Anschlusskredit wenige tausend Euro um in die nächstgünstige Zinsstufe zu rutschen.“ Beispiel: Sie haben einen Baukredit von insgesamt 400000 Euro für eine Immobilie laufen, für die Sie 500000 Euro bezahlt haben. 100000 Euro haben Sie bereits an Eigenkapital eingebracht. Im Laufe der ersten Immobilienfinanzierung bezahlen Sie 47000 Euro ab. Dann fehlen nur noch 3000 Euro damit Sie inklusive Eigenmittel die 150000 Euro erreichen. Damit gehört die Immobilie bereits zu 30 Prozent Ihnen.
Günstig für Sie: Mit dieser Eigenkapitalquote fallen die Zinsen für Ihre Anschlussfinanzierung um 0,1 Prozent günstiger aus als wenn Sie eine Eigenkapitalquote von 29,9 Prozent hätten. Sie haben mit den 30 Prozent Eigenkapitalquote also die nächste Zinsstufe erreicht.
3. Sondertilgungen während des Anschlusskredits
Mit Weihnachtsgeld, Steuerrückzahlungen vom Finanzamt, Schenkungen oder Vorab-Erbe können Sie während der Laufzeit Ihrer zweiten Immobilienfinanzierung Sondertilgungen leisten. Voraussetzung ist allerdings, dass Ihr Anschlusskredit solche Sondertilgungen vorsieht und dafür keine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Sondertilgungen haben mehrere Vorteile: Sie verringern nicht nur Ihre Restschuld auf einen Schlag, sondern erhöhen bei gleichbleibender monatlicher Rate auch den Tilgungsanteil. Sie werden schneller schuldenfrei und die Immobilie gehört schneller Ihnen – und nicht der Bank.
4. Zinsbindung optimieren
Mit einer Zinsbindung verschaffen Sie sich Kostensicherheit für Ihre Anschlussfinanzierung. Wie lange Sie sich binden wollen, hängt zum einen von der Höhe der Restschuld ab. Aber auch die langfristige Zinsentwicklung sollte die Dauer einer Zinsbindung beeinflussen. Bei steigenden Bauzinsen ist tendenziell eine längere Zinsbindung sinnvoll, denn so sichern Sie sich aktuelle Zinskonditionen auch für die Zukunft. Bei langfristig sinkenden Zinsen kann auch eine kürzere Bindung reichen, da Sie nach Ablauf der Zinsbindung möglicherweise noch günstigere Konditionen aushandeln können.
5. Rate der Rückzahlung optimieren
Neben Zinsbindung und Sondertilgungen spielt natürlich auch die absolute Höhe Ihrer monatlichen Rate eine große Rolle. Möglicherweise sind die Zinsen heute im Vergleich zum Zeitpunkt der erstmaligen Darlehensaufnahme deutlich günstiger. Dann haben Sie zwei Möglichkeiten
- Sie senken Ihre monatliche Darlehensrate bei etwa gleichbleibender Tilgung
- Sie bezahlen bei gleichbleibender Rückzahlung „mehr“ Darlehen zurück, erhöhen also den Tilgungsanteil. Damit werden Sie schneller schuldenfrei.
Kalkulieren Sie die Ihre Rate so, dass diese etwa ein Drittel Ihres Haushaltsnettoeinkommens beträgt. Falls Sie über ein hohes Einkommen verfügen, kann die Rate natürlich auch höher ausfallen. Zusätzlich sollten Sie aber immer drei bis vier Nettogehälter für unvorhergesehene Ereignisse wie eine teure Autoreparatur oder eine unvorhergesehene Steuerrückzahlung als eiserne Reserve auf einem Tagesgeldkonto oder Ihrem Girokonto bereithalten.
6. Immobilienkredit kündigen dank Recht auf Sonderkündigung
In vielen Fällen können Sie gemäß Paragraph § 489 BGB zehn Jahre nach Vollauszahlung einen Baukredit mit Zinsbindung kostenfrei kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Dieses Sonderkündigungsrecht besteht unabhängig von der vertraglichen Gesamtlaufzeit Ihrer Baufinanzierung. Sind die Zinsen seit Vertragsabschluss gefallen, nutzen Sie natürlich das Sonderkündigungsrecht und handeln bessere Zinskonditionen für Ihre Anschlussfinanzierung aus.
7. Anschlussfinanzierung per Grundschuldabtretung absichern
Fällt die Wahl für Ihren Anschlusskredit auf eine neue Bank, kann die alte Bank möglicherweise die bereits bestehende Grundschuld an den neuen Kreditgeber übertragen. Die Löschung einer Grundschuld bei der alten Bank und die Neueintragung bei der neuen verursachen deutlich höhere Notarkosten.
8. Karten auf den Tisch legen
Seien Sie im Gespräch mit Ihrem Baufinanzierungsberater ehrlich. Nur dann kann er Sie passgenau beraten und das Beste für Ihren Anschlusskredit rausholen. Beispiel: Sie rechnen damit, dass Sie irgendwann eine größere Zuwendung erhalten. Sie wissen aber nicht genau, wann diese kommen wird. Umgekehrt kann es auch sein, dass Sie möglicherweise eine größere Summe benötigen, weil Ihre Tochter in einer teuren Universitätsstadt den heiß begehrten Studienplatz ergattert oder weil Sie eine Ferienimmobilie erwerben wollen. Nur wenn Ihr Berater Ihre Pläne kennt, kann er flexible Lösungen in Ihre Anschlussfinanzierung einbauen.
9. Ehrliche Selbsteinschätzung
Ihr Anschlusskredit muss zu Ihnen, Ihren Plänen und Ihrem Sicherheitsbedürfnis passen. Sicherheitsorientierte Immobilienkäufer vereinbaren tendenziell eine längere Zinsbindung, sie nehmen dafür aber etwas höhere Zinssätze in Kauf. Andere Darlehensnehmer sind bei ihrem Immobilienkredit risikofreudiger. Natürlich gibt es zwischen „sehr sicherheitsorientiert“ und „sehr risikofreudig“ auch viele Zwischentöne. Sie kennen sich selbst am besten: Seien Sie vor allem ehrlich zu sich selbst.
Zitat Marco Bruse: „Viele schauen bei einer Anschlussfinanzierung immer nur auf die günstigen Zinsen. Mindestens genau wichtig sind aber flexible Bausteine, die zu Ihrer Lebensplanplanung passen. Dazu muss Ihr Berater Sie aber kennen. Und genau deswegen halte ich bei einem Immobilienkredit eine ausführliche persönliche Beratung mit einem über Jahrzehnte gleichbleibenden Ansprechpartner so wichtig.“
10. Kredit nach 10 Jahren neu verhandeln
Fragen Sie Ihre bisherige Bank an, aber verlassen Sie sich niemals auf nur ein Angebot. Ein Vergleich ist nicht nur beim ersten Immobilienkredit, sondern auch bei einem Anschlusskredit stets sinnvoll. Marco Bruse: „Wir können für unserer Kunden mit unserer Analyse bis zu 400 Banken individuell abfragen.“
Anschlussfinanzierung im Vergleich: Welche Möglichkeiten habe ich?
Für die Anschlussfinanzierung existieren folgende Varianten
- Eine Prolongation (= Verlängerung) des Immobilienkredits bei der bestehenden Bank
- Eine Umschuldung des Hauskredits mit einer neuen Bank
- Ein sogenanntes Forward-Darlehen mit der alten oder einer neuen Bank
Anschlussfinanzierung mit Prolongation: Wann sinnvoll?
Eine Prolongation ist dann sinnvoll, wenn Ihnen die bisherige Bank die günstigsten Konditionen bietet.
Anschlussfinanzierung per Forward-Darlehen: Wann sinnvoll?
Ein Forward-Darlehen können Sie bis zu fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindung Ihrer laufenden Immobilienfinanzierung abschließen. Mit dieser Form der Anschlussfinanzierung reservieren Sie sich also heutige Zinskonditionen für die Zukunft. Daher ist ein Forward-Darlehen als Anschlusskredit dann sinnvoll, wenn die Zinsen langfristig steigen. Mit einem Forward-Darlehen verschaffen Sie sich Kosten- und Planungssicherheit für Ihr Anschlussdarlehen.
Vorsicht: Nicht jede Bank bietet echte Forward-Darlehen. Manchmal handelt es sich auch um eine „Mogelpackung“, wie Marco Bruse betont: „Bei so mancher Anschlussfinanzierung, die als Forward-Darlehen‘ angepriesen wird, startet die Laufzeit bereits unmittelbar nach Abschluss des Kreditvertrags. Diese auch als unechte Forward Darlehen bezeichnete Variante ist aber meistens nicht sinnvoll. Leider erkennt das so mancher Kreditnehmer erst hinterher.“
Beispiel: Sie vereinbaren 36 Monate bevor die Zinsbindung Ihres ersten Immobilienkredits endet ein Forward-Darlehen für die Anschlussfinanzierung. Laufzeit: 15 Jahre. Bei einem echten Forward-Darlehen beginnt die Laufzeit erst im Anschluss an die erste Immobilienfinanzierung, also in 36 Monaten. Bei einem unechten beginnt sie dagegen sofort. Die Auszahlung des unechten Forward-Darlehens erhalten Sie aber, wie bei dem echten Forward-Darlehen, erst in drei Jahren. Das bedeutet für Sie, dass Sie ein Anschlussdarlehen mit einer tatsächlichen Laufzeit von nur 12 Jahren haben – und nicht 15 Jahren.
Anschlussfinanzierung per Umschuldung: Wann sinnvoll?
Die Umschuldung mit einer anderen Bank ist der Klassiker unter den Anschlussfinanzierungen. Sie ist dann sinnvoll, wenn die Konditionen einer neuen Bank besser als die der alten sind. Ebenfalls entscheidend für einen günstigen neuen Immobilienkredit ist, dass Sie weiterhin über eine gute Bonität verfügen.